PolitikerInnen fragen JournalistInnen nach Wegen aus der Eurokrise
Zuerst veröffentlicht in: ROSALUX – Journal der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Ausgabe 1-2013
PolitikerInnen entscheiden – KommentatorInnen wissen es besser. Dieses Bild vermittelt der tägliche Blick in die Medien. Im Rahmen der zehnten Linken Medienakademie (LiMA) fand nun im März in Berlin die Podiumsdiskussion «Politik grillt Kommentar» statt, bei der diese Rollen vertauscht wurden. Oder besser: werden sollten, denn der eigentlich als Moderator fungierende LINKEN-Politiker Axel Troost konnte sich eigene Statements nicht verkneifen. Mit ihm moderierte Sabine Reiner (Verdi Bundesverwaltung, Vizevorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung) die Runde, an der Ulrike Herrmann von der taz, der Blogger Thorsten Hild (www.wirtschaftundgesellschaft.de) und Holger Zschäpitz, Wirtschaftsredakteur der Welt, teilnahmen. Im Mittelpunkt standen die Auswirkungen des Fiskalpaktes auf die Kommunen und mögliche Auswege aus den damit verbundenen Sparzwängen. Die Idee hinter der Veranstaltung: WirtschaftsjournalistInnen sollten praxistaugliche Vorschläge zur Überwindung der Eurokrise unterbreiten und ihre Überlegungen zur Schulden- bzw. Sparpolitik darstellen. Präsentiert wurde die Diskussion von «Helle Panke» und der Linksfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus.
Während Zschäpitz dem Staat vorwarf, nicht mit Geld umgehen zu können, entgegnete Axel Troost, dass Austeritätspolitik und Privatisierungen die europäischen Probleme nicht lösen würden. Mit Blick auf die Kommunen warnte Ulrike Herrmann vor einer Aushöhlung der Demokratie, wenn die Gemeinderäte parteiübergreifend nur noch das Elend verwalten könnten, statt Politik zu gestalten. Hild setzte hier nach und berichtete von HandwerkerInnen, die keine öffentlichen Aufträge mehr erhielten, weil die Kommunen so klamm seien. Sein Beispiel war ein Maler, der beklagte, dass Klassenzimmer heute im Ehrenamt von Eltern renoviert würden. Diese Sparpolitik schaffe neue Arbeitslose und vergrößere den Niedriglohnsektor. Zschäpitz‘ Einwand, dass Ein-Euro-JobberInnen oftmals sinnlose Tätigkeiten verrichteten, fiel ihm umgehend auf die Füße: Ohne die neoliberale Agenda 2010 würde es solche Jobs gar nicht geben, so Ulrike Herrmann. Und so drehte sich die anschließende Diskussion über Arbeitsmarktkonzepte, Möglichkeiten zur besseren finanziellen Ausstattung von Kommunen und mehr Bürgerbeteiligung. Am Ende merkte Axel Troost selbstkritisch an, dass die ModeratorInnen die JournalistInnen vielleicht etwas zu sanft angefasst hätten. Aber es sei ja auch der erste Versuch gewesen. Gegen einen zweiten ist wenig einzuwenden, dann aber vielleicht mit etwas mehr Feuer unter dem Rost. Die Diskussionsrunde kann unter www.rosalux.de/documentation/48200 angesehen werden.